Meine Gitarrenbauwerkstatt liegt 45km südlich von München in der ausgebauten Tenne eine Hofgutes in Warngau. Die bäuerlich geprägte Gegend gibt mir die notwendige Ruhe, um meiner Arbeit mit voller Konzentration nachzugehen. Die Werkstatt ist trotzdem aus dem Umland und auch von München sehr leicht mit dem Auto zu erreichen. Ein wichtiges Detail meines Arbeitsplatzes ist ein klimatisierter Raum. Dadurch kann ich gewährleisten, dass die Instrumente bei kontrollierter Luftfeuchtigkeit verleimt werden.
Traditionell werden handgemachte Konzertgitarren aus Massivhölzern gebaut, verleimt mit Knochenleim und die Oberfläche mit Schellack poliert. Um Schäden zu vermeiden ist auch für den Gitarristen ein Grundwissen über sein Instrument von Vorteil.
Holz hat die Eigenschaft hygroskopisch zu reagieren, d.h. Feuchtigkeit aus der Umgebung aufzunehmen und sich dabei auszudehnen. Durch den anisotropen Aufbau von Holz ist die Ausdehnung allerdings ungleichmäßig (axial 0,3% , radial 0,5% , tangential 10%). Dabei spielt die tangentiale Dimensionsveränderung (parallel zu den Jahresringen) die größte Rolle.
Bei der Gitarre haben Decke, Boden, Zargen, Hals und Griffbrett in der Regel stehende Jahresrringe, was dazu führt, daß bei Luftfeuchtigkeitsänderungen erhebliche Spannungen bis zu Rissen entstehen können. Der Gitarrenbauer sorgt vor, indem er das Holz vor dem Bau des Instrumentes sorgsam lagert und beim Zusammenbau, vor allem beim Korpus, auf die Luftfeuchtigkeit achtet (40%-50%). Durch die Lackierung des Instrumentes, Randeinlagen, Versiegelung des Griffbrett-Endes etc. wird der Feuchtigkeitsaustausch verlangsamt und dadurch die Reaktion auf Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsveränderungen hinausgezögert. Entscheidend ist für uns die sogenannte „Relative Luftfeuchtigkeit“. Sie gibt für die aktuelle Temperatur und den aktuellen Druck das Verhältnis des momentanen Wasserdampfgehalts zum maximal möglichen Wasserdampfgehalt in Prozent an. Warme Luft kann dabei mehr Wasser aufnehmen als kalte. Deshalb ist die relative Luftfeuchtigkeit in geheizten Räumen niedriger, als ausserhalb. Um Schäden durch Trockenrisse an unseren Instrumenten zu vermeiden, ist die Lagerung in wenig geheizten Räumen das Sicherste.
Hochwertige Gitarren werden meistens mit Knochenleim verarbeitet. Dieser wird, wie der Name schon aussagt, aus Knochen hergestellt. In Wasser aufgequollen und dann im Wasserbad bei ca. 60 Grad Celsius erwärmt ist er fertig zur Verarbeitung. Um eine dauerhafte Leimfuge zu garantieren, muß bei der Verpressung der Leim noch flüssig sein. Um die offene Zeit zu verlängern, werden die zu verleimenden Teile angewärmt. Zudem öffnen sich die Poren des Holzes und der Leim dringt leichter ein. Dadurch bildet sich eine nur sehr dünne Leimschicht zwischen den Bauteilen. Zudem wird Knochenleim sehr hart und spröde. Die Dämpfung zwischen den einzelnen Teilen ist dadurch sehr niedrig. Durch den Aufwand bei der Herstellung wird im Serienbau meistens Weißleim verwendet. Ein weiterer Vorteil von Knochenleim ist, daß man ihn selbst nach 100 Jahren wieder lösen kann und Reparaturen gut auszuführen sind. Nachteilig ist nur, daß bei starker Erhitzung (ab ca. 50 Grad) natürlich Lösen von Leimfugen möglich ist. Vor allem stark belastete Bereiche (Steg, Deckenbebalkung) können Schaden nehmen.
Die beste Oberflächenbehandlung (Lackierung) ist bei Konzertgitarren durch eine Schellakpolitur ausgeführt. Schellack ist eine harzige Substanz, die aus Gummilack hergestellt wird. Gummilack selbst wird aus Ausscheidungen der Lackschildlaus nach ihrem Saugen an bestimmten Pflanzen gewonnen. In Alkohol gelöst ist er als Lack verarbeitbar. Um einen möglichst dünnen Lackaufbau zu bekommen, wird Schellack bei Gitarren meistens mit einem Ballen mit Hilfe von Öl aufpoliert. Eine relativ harte und sehr dünne Oberfläche ist das Ergebnis. Die Dämpfung ist dabei weit geringer, als bei jedem mit Pinsel oder Spritzpistole aufgetragenem Lack. Schellack ist leider temperaturempfindlich (über 50 Grad Celsius) und nicht dauerhaft wasserfest , was vor allem bei Spielern mit starkem Schweiß zu Lackabnutzung führt.